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Die große Geschichte einer verwaisten Ruine


Der Bau des Anhalter Bahnhofs begann 1839. Es entstand eine Bahnhofshalle mit nur wenigen Gleisen. Damals ahnte noch niemand welche große Rolle der Bahnhof am Askanischen Platz einmal spielen sollte. 1841 wurde der Bau fertiggestellt und die Bahnstrecke zwischen Berlin und Halle von der Berlin-Anhaltischen Bahngesellschaft in Betrieb genommen. Somit existierte die erste überregionale Fernverkehrsstrecke, die Berlin mit dem Fürsten- und späterem Herzogtum Sachsen verband. Doch bald reichten die Kapazitäten nicht mehr aus, sodass der Bahnhof erweitert wurde. Die Planungen zum Ausbau begannen schon 1861. Sie wurden jedoch erst nach der Gründung des Deutschen Kaiserreiches im Jahr 1874 in die Tat umgesetzt. Der Bau, unter der Leitung des Architekten Franz Schwechten, sah eine prachtvolle Umgestaltung des gesamten Bahnhofsgebäudes vor und dauerte ganze sechs Jahre. Neue Brückenbögen, massive Giebelwände, gewaltige Säulen und zusätzliche Bahntrassen prägten nun die gigantische Konstruktion des Bahnhofs. Mit 34 Metern Deckenhöhe und 62 Metern Breite war es die größte Halle des Europäischen Kontinents.

Einweihung des neuen Anhalter Bahnhofs durch den Kaiser

Am 15. Juni 1880 wurde der neue Berlin-Anhaltische Eisenbahnhof feierlich durch Otto von Bismarck und Kaiser Wilhelm I eingeweiht.
Die vom Anhalter Bahnhof angefahrenen Zielorte beliefen sich fortan nicht mehr nur auf Städte wie Halle, Leipzig, Frankfurt am Main oder München. Auch internationale Destinationen waren nun für Fahrgäste erreichbar. Die Eisenbahnstrecken stellten auch eine Verbindung zu vielen europäischen Metropolen her. Zielbahnhöfe waren unter anderem Wien, Budapest, Rom, Mailand, Marseille und Athen. Neapel war ebenfalls mit der Bahn von Berlin aus zu erreichen und von dort konnten Fahrgäste auf ein Schiff umsteigen, das nach Ägypten übersetzte.

Während des Ersten Weltkrieges gelangten Soldaten durch Bahnfahrten vom Anhalter Bahnhof an die Fronten. Der Bahnhof wurde zum wichtigen Knotenpunkt für die Truppenversorgung. In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg erlangte das riesige Areal wieder an Bedeutung für Privatpersonen. In den 1920er Jahren setzte eine Reisewelle ein und viele Menschen nutzten den Anhalter Bahnhof um Ihre Auslandsreisen zu beginnen. 1928 baute das Hotel Excelsior einen Tunnel von Hotel in der Stresemannstraße zum Bahnhof, welcher Gästen des Hauses einen unterirdischen Anreiseweg gewährte.
Hochfrequentiert war der Anhalter Bahnhof auch zu Zeiten der Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin. Somit war der Bahnhof mit seinen riesigen Empfangshallen der erste Anlaufpunkt für viele Besucher der Stadt. 1939 erhielt der Anhalter Bahnhof Anschluss an das S-Bahn Netz Berlins. Er gliederte sich sowohl in die Nord-Süd- als auch die Ost-West-Strecken ein.

Die dunklen Tage des Bahnhofs

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten verlor der ehemalige Vorzeigebahnhof an Bedeutung. Züge und Bahnreisende blieben aus. Erneut wurde der Bahnhof ein Instrument der Logistik, nun allerdings zur Kriegsführung. Soldaten und Versorgungsgüter wurden an die Fronten verschickt. Ab 1942 erfolgten auch Judendeportationen vom Anhalter Bahnhof.

Durch Luftangriffe der Alliierten wurde der Bahnhof schwer beschädigt, sodass lediglich die Grundmauern erhalten blieben. Die Bevölkerung suchte hinter diesen Mauern und im Tunnelsystem des Bahnhofs Schutz vor weiteren Angriffen. Wichtige Anlaufstelle für die Schutzsuchenden war auch der nahe liegende Anhalter Hochbunker.

In der Nachkriegszeit beschränkten die Alliierten den Zugverkehr auf ein Minimum, ehe er im Jahre 1952 endgültig stillgelegt wurde. Fortan verfielen die noch stehenden Restbestände der Mauern, Außenverkleidungen und Hallenbestandteile. 1959 veranlasste der Senat die Sprengung und bis auf den großen Torbogen, der einst die prachtvolle Eingangshalle hervorhob, sind kaum Spuren des Bahnhofs übrig geblieben.Heutzutage zeigen einige Fotografien an den Wänden des unterirdischen S-Bahnhofes die Ausmaße des Bahnhofes in vergangenen Zeiten.


Seit 2002 steht auf dem Platz, an dem sich einst der prunkvolle Anhalter Bahnhof befand, die Veranstaltungsstätte Tempodrom.